Hangsicherung auf Rügen

Lesen Sie zum Thema “Hangsicherung auf Rügen” auch den Artikel im VDV-Magazin 05/2012.

Zum 15. Jahrestag der Hangrutschung erschien ein Beitrag im Nordkurier zu diesem spannenden Projekt.

Viele Rügener erwirtschaften ihr Einkommen im Tourismus. Die schöne Landschaft, die Steilküsten mit den weltberühmten Kreidefelsen und nicht zuletzt traumhafte Sonnenuntergänge am Meer locken besonders im Sommer viele Gäste auf Deutschlands größte Insel.

Die bekannten Kreidefelse auf Rügen müssen gesichert werden.

Kreidefelse auf Rügen

Aktive Prozesse der Küstenentwicklung sind Teil des Rügener Naturraums. Doch an den Rügener Steilküsten kommt es auch zu Hangrutschungen und Abbrüchen. Zum außergewöhnlichen Naturraum der Ostseeinsel gehören solche Erosionsereignisse dazu. Als dramatisch werden sie empfunden, wenn vom Menschen geschaffene Werte und Infrastruktureinrichtungen betroffen sind. Besonders schlimm war ein Ereignis im März 2005, bei dem etwa 150.000 Kubikmeter Boden am steilen Nordufer ins Rutschen gerieten – ausgerechnet zwischen dem Feriendorf Lohme und dem erst kürzlich mit hohem Aufwand restaurierten kleinen Yachthafen. Somit traf diese Rutschung die Tourismuswirtschaft der Inselgemeinde gleich mehrfach: Der Hafen ist bis auf weiteres gesperrt. Neben der Evakuierung einiger Gebäude oberhalb der Rutschung, darunter auch ein Hotel, stand auch das legendäre Terrassencafé “Niedlich” mit seiner spektakulären Aussicht auf die Ostsee vor der vorübergehenden Schließung.

Die Gemeinde Lohme ist seit langem schon bemüht, den betroffenen Hang zu sichern, damit die betroffene Infrastruktur wieder gefahrlos nutzbar ist. Hierzu wurden zunächst umfangreiche geologische Untersuchungen ausgeführt. Ergebnis ist, dass insbesondere ein hoher Feuchtegehalt in den hangnahen Schichten den Boden ins Rutschen bringt.

Hier setzen die Sanierungsmaßnahmen an: durch Horizontalbohrungen in den Hang vom Ostseestrand aus und der anschließenden Einführung von Drainagerohren, ist die Entwässerung des gefährdeten Hangbereichs möglich. Folglich sorgt der Entzug des überschüssigen Wassers für die notwendige Stabilität des Hangs.

Das zum Einsatz gekommene Tachymeter bei der Hangsicherung auf Rügen.

Tachymeter in einem Schutzgehäuse

Leica-Tachymeter TS30 der Referenzklasse als zentraler Sensor zur Oberflächenbeobachtung

Ein umfangreiches Global Monitoring System zur automatisierten Beobachtung zahlreicher Messgrößen sichert die Baumaßnahmen sowie die anschließende weitere Nutzung des Gebiets. Zentraler Teil des Systems ist ein Leica-Tachymeter TS30 der Spitzenklasse. Der Sensor misst Strecken und Winkel mit höchster Präzision. Die TS30 ist hoch oben auf einer massiven Säule installiert und zielt auf genau vorgegebene Punkte am Hang. Diese sind mit Reflexionsprismen ausgestattet, von denen das optische Signal des Tachymeters zurückgeworfen wird. Die Prismen wiederum sind auf senkrecht im Boden verankerten Stahlrohren installiert.

Die TS30 registriert Bewegungen der Beobachtungspunkte in alle drei Richtungen des Raumes. Bewegt sich eines der Stahlrohre mitsamt seinem Prisma, so wird das Ausmaß der Bewegung registriert und anschließend an eine Software übergeben. Folglich lässt der Messwert am Prisma auf eine Bewegung des Bodens schließen. Überschreitet die Bewegung eines Prismas einen in der Software eingestellten Toleranzwert, so setzt das System automatisch eine Meldung ab. Dadurch ist die Ausführung der Hangsicherungsarbeiten sicher möglich.

Die elektromagnetischen Antriebe der TS30 arbeiten praktisch verschleißfrei. Deshalb ist der Sensor für langfristig ausgelegte Monitoring-Aufgaben ganz besonders geeignet.

Neben Grundwasserstandsensoren, einem Hangneigungssensor (so genannter Inklinometer) und darüber hinaus mehreren Webcams ist das Tachymeter einer von vielen Sensoren, die den Hang bei Lohme sichern. Die Sammlung und Verarbeitung der Messdaten erfolgt auf einem zentralen Server. Von diesem werden auch die Meldungen ausgesendet.

Nach Abschluss der Baumaßnahmen wurde das Gesamtsystem weiterbetrieben werden – damit Touristen und Rügener schon bald wieder gefahrlos den Sonnenuntergang von der Terrasse des Café Niedlich genießen können!

Sicht auf den Hang auf Rügen

Sicht auf den Hang

„Aufatmen in Lohme: Der Hang ist wieder sicher“

So titelt die Ostseezeitung kurz vor Weihnachten 2009. 21 Drainagerohre wurden im Zuge der Baumaßnahmen bis zu 40 m in den Hang getrieben. Mit Erfolg: Rund neun Millionen Liter Wasser flossen von September bis Dezember 2009 aus dem Boden, sodass der Grundwasserspiegel um gut vier Meter sank. Das neue Entwässerungssystem funktioniert; die Gefahr einer Rutschung sei damit vorerst vom Tisch – so zitiert am 16.12.2009 die Ostseezeitung Professor Dr. Edmund Krauter von der Forschungsstelle für Rutschungen an der Uni Mainz nach der Beratung mit seinen Gutachterkollegen. Voraussichtlich im März 2010 können die Anwohner in ihre Häuser zurückkehren. Zur Saison 2010 sollen Hang und Hafen offen sein.

Dennoch bleibt als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme das Global Monitoring System bis auf Weiteres in Betrieb. Die Inbetriebnahme des Systems erfolgte im Oktober 2009.

Lieferumfang bei der Hangsicherung auf Rügen

  • Sensor: Leica-Tachymeter TS30 – die Referenzklasse unter den Tachymetern mit einer Winkelgenauigkeit von 0,5“ inklusive Beobachtungsprismen und kombiniertem Meteosensor für Lufttemperatur, -druck und -feuchte.
  • Witterungs-, Diebstahl- und Vandalismusschutz: massives, klimatisiertes Tachymetergehäuse mit schlag- und bruchsicherem Beobachtungsfenster
  • Netzgebundene Stromversorgung: mit USV-Einheit zur sicheren Überbrückung möglicher Stromausfälle
  • Datenkommunikationseinrichtung: inkl. 500 m Datenkabel und Signalverstärkern
  • Leica GeoMoS Monitoringsoftware: zur Tachymetersteuerung und Datenübergabe an den Server des Gesamtsystems
  • Ingenieurberatung, Systemkonfiguration, Installation, Einrichtung und Inbetriebnahme