Tachymetrische Überwachungsmessung

Überwachungsmessungen mittels Tachymetrie und vergleichbaren
Methoden sind der klassische vermessungstechnische Ansatz zur Kontrolle von Bewegungen und Verformungen von Bauwerken wie Brücken, Schleusen und Gebäuden, und in eingeschränktem Maß auch von
geologischen Strukturen. Unter das Stichwort „tachymetrische Überwachungsmessung“ können sowohl vollautomatisierte Messysteme als auch manuell durchgeführte Messungen fallen. Bei Ersteren umfasst die Vermessungsaufgabe in der Regel einen längeren Messzeitraum und/oder erfordert eine hohe Messrate (z.B. stündlich oder häufiger) sowie eine 24/7-Datenerfassung.

Tachymetrische Überwachungsmessung
Messpfeiler an der Schleuse Brunsbüttel


Liegt keine Notwendigkeit zur kontinuierlichen Überwachung vor, wird das Monitoring zumeist manuell durchgeführt. Für die Wiederhol- und Vergleichbarkeit der einzelnen Messungen werden einzig die Beobachtungspunkte fest installiert.

Tachymetrische Überwachungsmessung
Automatisiertes Brückenmonitoring


Durch die hohen Genauigkeiten eines Präzisionstachymeters können auch kleinste Bewegungen detektiert werden. Für die Planung und Installation müssen Sichtverbindungen zwischen Tachymeter und Prismen berücksichtigt und ggf. Backup-Lösungen erarbeitet werden, wenn die Sicht zu Messpunkten durch Baustellenarbeiten oder sonstiges temporär verhindert wird.


Bei vielen Monitoringprojekten der ALLSAT kommen Tachymeter von Leica Geosystems zum Einsatz. Aufgrund der generell hohen Genauigkeitsanforderungen bei Monitoring-Aufgabenstellungen werden Totalstationen mit einer Winkelgenauigkeit von mindestens 1“ benötigt, in vielen Fällen können die geforderten Genauigkeiten allerdings nur mit einer Winkelgenauigkeit von 0,5“ erreicht werden. Je nach Anwendungsfall
und Installationsmöglichkeit kommen verschiedene Prismentypen zum Einsatz. Besonders leichte Monitoringprismen ermöglichen eine Installation auf beinahe jedem Untergrund und in jeder Position.


Jedes Monitoringprojekt unterscheidet sich von anderen und erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen Bauingenieuren und Vermessern bei der Konzeptionierung und Umsetzung des Monitoring.

Im Folgenden werden drei unterschiedliche tachymetrische Überwachungsmessungen der ALLSAT kurz vorgestellt:


Automatisiertes Monitoring an der Schleuse Brunsbüttel


Während des Baus der fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel gilt es, die Bestandsbauwerke mit Hilfe von vier Leica Totalstationen TM50 dauerhaft hinsichtlich ihrer Stabilität für die kontinuierliche Nutzung zu überwachen.
Die Messung von insgesamt 53 Prismen erfolgt in einem Intervall von 20 Minuten und das über mehrere Jahre hinweg. Der Tideneinfluss auf die gesamte Umgebung wird durch eine freie Stationierung der
Tachymeterstandpunkte über langzeitstabile Referenzpunkte berücksichtigt. Ergänzt wird das Messsystem durch zwei Meteosensoren, die Temperatur, relative Luftfeuchte und Luftdruck messen und für eine Verarbeitung zur Korrektion der automatischen Tachymetermessungen
bereitstellen. Seit bereits 6 Jahren drehen sich die Tachymeter in Brunsbüttel rund um die Uhr, und weitere Jahre werden bis zur Fertigstellung der fünften Schleusenkammer sicher folgen.

Tachymetrische Überwachungsmessung
Installation mit Untersichtgerät an der Schleuse Anderten

Manuelle Überwachungsmessung an der Schleuse Anderten

Aufgrund nachgewiesener Schäden an dem Überführungsbauwerk der Schleusenanlage in Hannover-Anderten– einer Straßenbrücke, konnte die Standsicherheit dieses Bauwerks und eine ungehinderte Schleusendurchfahrt nicht mehr gewährleistet werden. Die Folge war eine Grundinstandsetzung des Brückenbauwerks beginnend in 2016. An jedem der fünf Brückenbögen wurden neun Messpunkte installiert. Die manuellen Messungen von je zwei Tachymeterstandpunkten pro Brückenbogen erfolgten in Abhängigkeit vom Baufortschritt.


So wurde nach jedem relevanten Sanierungsschritt (insbesondere dem Ab- und Auftragen von Lasten) die Standsicherheit überprüft, um so eventuelle
Verformungen festzustellen. Anders als bei automatisierten Messsystemen spielte bei dieser manuellen Überwachungsmessung der Schutz vor Vandalismus und permanenten Wettereinflüssen nur eine geringe Rolle.
Weiterhin konnte auf klassische Holzstative anstatt auf festinstallierte Messpfeiler für die Tachymeterstandpunkte zurückgegriffen werden.
Automatisiertes Brückenmonitoring an der A29 in Zetel.

Abriss Autobahnbrücke
Abriss Autobahnbrücke A 29 Zetel


Im Rahmen eines notwendig gewordenen Neubaus der Bundesautobahnbrücke an der A29 (Anschlussstelle in Zetel) wird für einen Zeitraum vor und während der Baumaßnahme ein automatisiertes tachymetrisches Monitoring durchgeführt. Bis zum Beginn der Abrissarbeiten am ersten von zwei Teilbauwerken mussten beide Teilbauwerke messtechnisch überwacht werden.


Besonders während des Abrisses einer der beiden Fahrbahnseiten im März 2020 und im weiteren Betrieb musste die Standsicherheit des verbliebenen Teilbauwerks sicher gewährleistet werden. Diese in einem solchen Fall typische Herausforderung wurde durch eine höhere Messfrequenz und erhöhte Alarmbereitschaft gemeistert. Bis zum Abriss der verbliebenen Fahrbahnseite gilt es nun, deren Bewegungen zu überwachen und im Notfall die zuständigen Stellen zu informieren und ggf. zu alarmieren.