Die Ostküstenleitung ist ein Kernprojekt der Energiewende und Netzstabilität. Sie transportiert grünen Strom aus Ostholstein in den Süden und verbindet über das Baltic Cable Deutschland mit dem europäischen Stromnetz.
TenneT hat den gesetzlichen Auftrag, die Ostküstenleitung zu planen und zu realisieren. Die neue 380-kV-Leitung verläuft vom Kreis Segeberg bis nach Göhl und ist ein Pilotprojekt für Teilerdverkabelung zur Höchstspannungs-Drehstromübertragung. Die Leitung wird voraussichtlich 2027 in Betrieb genommen.

Im Abschnitt „Ulzburg – Lübeck West“ wird eine bestehende 220-kV-Leitung durch die neue 380-kV-Leitung ersetzt. In diesem Abschnitt werden zwei Erdkabelabschnitte entstehen. Eine Besonderheit ist dabei die Anwendung des sogenannten „Düker-Verfahrens“.
Während der Herstellung der jeweils knapp einen Kilometer langen unterirdischen Röhren im „Microtunneling-Verfahren” wird auch eine zweigleisige Bahnstrecke gekreuzt. Um die Fahrsicherheit im Gleis während des Vortriebes zu gewährleisten, wurde ein kontinuierliches Monitoringsystem installiert. Dieses überwacht echtzeitnah Veränderungen der Gleisgeometrie.
Das Monitoringsystem
Die messtechnische Gleisüberwachung wird mit den Neigungssensoren unseres Partners Senceive durchgeführt. Dank der kabellosen Vernetzung der Sensoren untereinander und der internen Akkus, entfällt das Verlegen von Daten- oder Stromleitungen und das System kann in kürzester Zeit installiert werden. Anschließend arbeitet das System komplett wartungsfrei über den gesamten Projektzeitraum hinweg.

In diesem Projekt sind insgesamt 48 Sensoren im Gleis installiert. Die Montage erfolgt über das Ankleben einer zweiteiligen Grundplatte. Für Beton- und Holzschwellen empfiehlt sich die Installation der Sensoren in Schwellenmitte, um temperaturabhängige Tagesgänge zu minimieren. In diesem Projekt liegt eine Besonderheit vor: Wie bereits im Bild rechts erkennbar, handelt es sich in diesem Streckenabschnitt um einen Y-Stahlschwellenoberbau. Um einen einheitlichen Sensorabstand und gute Ausrichtung der Sensoren gewährleisten zu können, wurde eine seitliche, innenliegende Position für die Montage gewählt. Es ergibt sich daraus ein Sensorabstand in Längsrichtung von 2,54 m.
Die Senceive Sensoren messen hochgenau Neigungen beider horizontaler Richtungen. Aus den Messwerten der Neigungen in Querrichtung lassen sich direkt Änderungen der gegenseitigen Höhenlage ableiten. Die Querneigungen zweier nebeneinanderliegender Sensoren können rechnerisch verknüpft werden, um die Verwindung auszugeben. Die Neigung in Längsrichtung wird genutzt, um Änderungen der relativen Höhe zu bestimmen. Dafür werden aus jeweils drei nebeneinanderliegenden Sensoren die vertikalen Pfeilhöhen nach Vorgaben in der RIL berechnet.

Laserdistanzsensoren
Eine weitere Besonderheit in diesem Projekt ist der Einsatz von Laserdistanzsensoren für die Gleisüberwachung. Eine Messung von Gleislageverschiebungen ist mit dem System aus reinen Neigungssensoren nicht möglich, da lediglich Neigungsänderungen der beiden horizontalen Achsen gemessen werden können. Soll ebenfalls die Gleislage überwacht werden, gibt es unterschiedliche Messkonfigurationen, die sich hinsichtlich wirtschaftlichem und technischem Aufwand stark unterscheiden. Eine wirtschaftlich attraktive und technisch schnell umsetzbare Möglichkeit ist die Integration einiger Laserdistanzsensoren in das Gleisüberwachungssystem. Diese Sensoren messen, neben den Neigungen, auch eine reflektorlose Entfernung zu einem externen Ziel. Als Ziel für die Laserdistanzsensoren eignen sich beispielsweise in der Nähe stehende Gebäude oder Oberleitungsmasten.

In diesem Projekt sind insgesamt sechs Laserdistanzsensoren im Einsatz; drei pro Gleis. Sie befinden sich jeweils im direkten Kreuzungsbereich der Untertunnelung, um dort eine mögliche Lageverschiebung der Gleise messen zu können. Der Bereich möglicher Veränderungen ist dann beidseitig durch die reinen Neigungssensoren um 25 m ausgedehnt, sodass sich ein Überwachungsbereich von knapp 60 m pro Gleis ergibt.
Da in diesem Gleisabschnitt keine geeigneten Ziele für die Laserdistanzmessungen vorhanden sind, wurden Winkeleisen mit kleinen Metalltafeln in einiger Distanz zum Gleis in den Boden gerammt, welche als Ziele dienen.
Die Gleisüberwachung wird mit einem Messintervall von 30 Minuten durchgeführt. Während sich die Microtunnelbohrmaschine im direkten Gleisbereich befindet, wird das Messintervall temporär auf 10 Minuten angehoben.
Datenauswertung
Insgesamt zwei LTE-Gateways übertragen die Sensordaten vor Ort per Mobilfunk an die Monitoring-Software. Natürlich erfolgt auch hier jegliche Verbindung kabellos. Die Stromversorgung der Gateways erfolgt autark über Solar-Panele. Wie auch die Sensoren verfügen die LTE-Gateways zusätzlich über interne Akkus, die den Betrieb für über zwei Wochen sicherstellen, sodass auch sonnenarme Perioden keine Probleme darstellen.
Die Ergebnisdarstellung erfolgt im WebMonitor von Senceive. Dort besteht die Möglichkeit, mittels einer grafischen Übersicht einen schnellen Überblick über den Status der Messdaten zu erhalten. Tiefgründigere Analysen bietet die Zeitreihendarstellung. Entsprechend des im Messkonzept entwickelten Alarm- und Reaktionsplanes, werden für alle relevanten Messgrößen Warnungen und Alarme per SMS und E-Mail an alle Projektbeteiligten versendet und protokolliert.
Die nachfolgende Grafik zeigt die Zeitreihen der Laserdistanzmessungen von drei Sensoren über einen Zeitraum von zwei Monaten. Erkennbar sind temperaturbedingte Tagesgänge in der Größenordnung von ca. einem Millimeter. Die Auflösung der Laserdistanzmessung beträgt ca. 0,1 mm. Zusätzlich sind in der Grafik die eingestellten Grenzen für Info-, Warn- und Alarmwert ersichtlich.

Neben der Installation auf dem Gleis, bietet das System auch zahlreiche Möglichkeiten im Bereich des Bauwesens (Spundwände, Kranfundamente, Rohrleitungen), Ingenieurbauwerken (Brücken, Tunnel, Staubauwerke) und der Beweissicherung (Gebäudefassaden, historische Bauwerke). Gern beraten wir Sie in Ihrer Anwendung und stellen auch ein Demo-System für Testprojekte zur Verfügung.