GNSS in der Klimaforschung – Im Einsatz am Toten Meer

Das Tote Meer trocknet aus. Der Wasserspiegel sinkt seit Jahren um 1 m pro Jahr. Verantwortlich dafür sind zum einen die hohe Verdunstungsrate und zum anderen die Abnahme der Süßwasserressourcen im Einzugsgebiet des Toten Meeres. 50 % des Rückgangs des Toten Meeres werden durch Verdunstungsanlagen zur Salzgewinnung verursacht. Die anderen 50 % sind auf eine Abnahme der Zuflüsse zurückzuführen, die durch intensive Beregnung landwirtschaftlicher Nutzflächen hervorgerufen wird. Durch Anwendung von GNSS in der Klimaforschung können Aufschlüsse über diese Veränderungen gewonnen werden. 

Die Region des Toten Meeres ist besonders anfällig für Auswirkungen des Klimawandels und menschliche Einflüsse. Umweltprozesse unterliegen hier Grenzbedingungen, wie es sie nirgendwo anders auf der Erde gibt. Ergebnisse, die aus diesem Gebiet gewonnenen werden sind auf andere Gebiete sehr gut übertragbar. Im Projekt “Dead Sea Research Venue – DESERVE” werden in einem fachübergreifenden Ansatz Schlüsselprozesse im regionalen Erdsystem des Toten Meeres erforscht. Die nachfolgenden Arbeiten leisten einen Beitrag zum Verständnis von sowohl hydrologischen als auch geomorphologischen Prozessen.

Die Nutzung von GNSS als Fernerkundungsmethode zur Bestimmung geophysikalischer Eigenschaften von Wasser-, Land- und Eisoberflächen geht über die klassische geodätische Anwendung dieses Verfahrens hinaus. Während der Empfang von reflektierten GNSS Signalen in der Positionierung als sogenannter Multipath unerwünscht ist, wird hier genau diese Reflektion als Signal analysiert.

GNSS-Multipath

GNSS-Multipath

Der Vorteil der GNSS-Methoden gegenüber anderen Verfahren zur Bestimmung von Bodenfeuchte und Schneehöhe liegt in ihrer großflächigen Abdeckung. Während in-situ Sensoren Bodenfeuchte und Schneehöhen nur auf einer Fläche von 1-2 m² erfassen, hat der Footprint einer auf 3 m Höhe installierten GNSS-Antenne einen Durchmesser von 200 m.

tinyPC/3 Modul des GFZ auf Basis eines JAVAD TR-G3T OEM

tinyPC/3 Modul des GFZ auf Basis eines JAVAD TR-G3T OEM

GNSS in der Klimaforschung beim GFZ

Das GFZ beschäftigt sich seit 2014 mit der Anwendung der GNSS-Reflektometrie, d.h. der Nutzung reflektierter GNSS-Signale zur Bestimmung von Schneehöhen, Bodenfeuchte und Seespiegelvariationen. Für diesen Zweck wurden mehrere Stationen u.a. in der Nähe von Potsdam, am Toten Meer und in der Antarktis installiert.

Die Hardware dieser Stationen basiert auf einem JAVAD OEM Receiver (TR-G3T), kombiniert mit einem Ein-Platinen Computer und einem 4-Kanal Schaltmodul. Dieses intern tinyPC/3 genannte Modul verbraucht nur ca. 5 Watt, so dass eine Stromversorgung über Solarzellen und/oder Brennstoffzellen einfach zu realisieren ist. Da alle Komponenten für einen weiten Temperaturbereich spezifiziert sind, können die Geräte ohne Klimatisierung auch unter harten Bedingungen betrieben werden. Beim Offline-Betrieb ist die Speichergröße über die Nutzung von USB-Sticks erweiterbar.

Analyse des Signal-Rausch Verhältnisses der GNSS-Daten

                 Analyse des Signal-Rausch Verhältnisses der GNSS-Daten

Aus dem Interferenzmuster des SNR, welches aus der Überlagerung von direktem und reflektiertem Signal entsteht, lässt sich mittels Spektralanalyse der Höhenunterschied zwischen der GNSS-Antenne und dem Reflexionspunkt bestimmen. Somit lassen sich bei Reflektionen über Wasser- und Schneeoberflächen durch das Monitoring des Abstands zur Reflexionsfläche direkt Schnee- und Seespiegelvariationen erfassen. Der Bestimmung der Bodenfeuchte liegt die Eindringtiefe des GNSS-Signals zugrunde. Da die Eindringtiefe abhängig von der Feuchte an der Erdoberfläche ist, lässt sie sich in Bodenfeuchtevariationen umrechnen.

Während der 2 ½ jährigen Messungen am Toten Meer verringerte sich der Meeresspiegel um mehr als 2 m. Weiterhin verlagert sich das Ufer an der Messstelle um mehr als 200 m in Richtung See. Infolgedessen mussten Hotels ihre touristischen Angebote um Transportservices vom Hotel zum Strand erweitern.

Aktuelle Untersuchungen im Rahmen des Projektes DESERVE zeigen eine Abnahme des Toten Meeres um 1 m pro Jahr. Diese Ergebnisse stimmen sehr gut mit den Messungen von Pegeln überein und bestätigen somit den Einsatz von GNSS in der Klimaforschung.

Peak der Spektralanalyse ergibt die Reflektorhöhe

Peak der Spektralanalyse ergibt die Reflektorhöhe

Fallstudie: Bestimmung der Bodenfeuchte

In einer Fallstudie zur Bestimmung der Bodenfeuchte wurden von der permanenten GNSS-Station Sutherland, Südafrika die Daten von 2009 bis 2015 analysiert. Die Bodenfeuchte zeigt ein saisonales Signal mit Maximalwerten von Juli –September um die 45 Vol% und Minimalwerten von Dezember bis April von 5 Vol%. Eine Validierung der aus GNSS-Reflektometrie bestimmten Bodenfeuchte mittels einem Cluster von 40 in-situ Feuchtesensoren zeigt eine Genauigkeit der Bodenfeuchte von 6 Vol%.

Fallstudie: Bestimmung der Schneehöhen-Variation

Die beispielhafte Bestimmung der Schneehöhen-Variationen anhand von Daten der Station Wettzell, Deutschland zeigt eine Genauigkeit der Schneehöhenbestimmung von 6 cm.