GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen

Auf eine satellitengestützte Positionsbestimmung wirkt eine Vielzahl von Messabweichungen. Manche Einflüsse, wie beispielsweise atmosphärische Refraktionen, können durch eine relative Positionsbestimmung eliminiert oder stark reduziert werden. Ihre Auswirkung hängt dann vom Abstand der simultan messenden GNSS-Empfänger ab, also der Basislinienlänge einer differentiellen Auswertung. Andere Einflüsse, wie lokale Abschattungen und daraus resultierende Signalbeugung oder Mehrwegeausbreitung, wirken entfernungsunabhängig direkt auf die GNSS-Station. Diese lassen sich durch die relative Positionsbestimmung nicht verringern.

GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen – die effektivste Methode

Die effektivste Methode, lokale, entfernungsunabhängige Einflüsse zu minimieren, ist die Wahl der Messumgebung. Oftmals ist diese Wahl allerdings aufgrund der projektspezifischen Aufgabe eingegrenzt, sodass es zu GNSS-Messungen unter schwierigen Bedingungen kommt.

GNSS-Passpunkt-Bestimmung unter starker Abschattung durch Vegetation und einen Freileitungsmast
Abb. 1: GNSS-Passpunkt-Bestimmung unter starker Abschattung durch Vegetation und einen Freileitungsmast

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen GNSS-Messungen im Rahmen einer Messkampagne zur hochpräzisen Bestimmung von Festpunkten (siehe Referenz ALLSAT Journalbeitrag: Umfangreiche GNSS Messkampagne). Deutlich erkennbar ist jeweils die starke Abschattung durch Vegetation. Eine wesentliche Vorrausetzung für die Ermittlung einer genauen Position ist, dass die Satellitensignale die GNSS-Antenne möglichst ungestört und auf direktem Weg erreichen. In unmittelbarer Nähe zu Bäumen und Bauwerken ist dies allerdings nur eingeschränkt gegeben. Die Satellitensignale werden absorbiert, reflektiert und gebeugt, sodass die präzise Positionsbestimmung erschwert wird.

GNSS-Passpunktmessung unter starker Abschattung durch Vegetation
ALLSAT Artikel: GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen
Abb. 2: GNSS-Passpunktmessung unter starker Abschattung durch Vegetation

Werden Sichtverbindungen zu Satelliten von den abschattenden Strukturen komplett verhindert, hat dies Auswirkung auf die Satellitengeometrie. Neben der Gesamtanzahl der verfügbaren Satelliten kommt es auch auf deren Verteilung über dem Horizont an. Ein erstes Indiz auf eine unzureichende Satellitenverteilung geben hohe DOP-Werte (“Dilution of Precision”),  die mit der Vielzahl von Satelliten unterschiedlicher GNSS allerdings nur noch selten zu beobachten sind. Diese beschreiben die Verringerung der Genauigkeit durch die Konstellation der zur Positionsbestimmung verwendeten Satelliten. Der Wert ist dabei indirekt proportional zum Volumen des Körpers, der zwischen dem GNSS-Empfänger und den verwendeten Satelliten aufgespannt wird.

Die Erhöhung der generellen Satellitenverfügbarkeit und damit auch die Verbesserung der Satellitengeometrie unter schwierigen Messbedingungen gelingt in der Regel durch die zusätzliche Beobachtung weiterer GNSS. Die Beobachtung und Auswertung von GPS- und GLONASS Satelliten ist mittlerweile zum Standard geworden. Immer häufiger werden zusätzlich die europäischen Galileo-Satelliten beobachtet und in die Auswertung integriert. Modernste Empfänger, wie der JAVAD Triumph-3, verfügen über eine enorme Anzahl an Kanälen, um zusätzliche Satellitensysteme und können eine Vielzahl von Signalen empfangen und verarbeiten.

Die Satellitensignale werden durch Objekte nahe der Antenne nicht immer komplett absorbiert. Oftmals kommt es zur Reflexion von Signalen. So kann es vorkommen, dass ein Signal sowohl auf direktem Weg, als auch auf Umwegen durch Reflexion das Antennenphasenzentrum erreicht. Dieser Effekt wird als Mehrwegeausbreitung (engl. Multipath) bezeichnet und lässt sich insbesondere bei statischen GNSS-Beobachtungen als Störung kaum vermeiden. Die beiden Signale (direkt und indirekt) werden überlagert empfangen, wobei das indirekte Signal immer die längere Laufzeit besitzt. Und da GNSS-Messungen grundsätzlich Laufzeit-Messungen sind, spielt dies eine wichtige Rolle für eine korrekte Positionsbestimmung.

Prinzipskizze Mehrwegeausbreitung. Artikel GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen
Abb. 3: Prinzipskizze Mehrwegeausbreitung

Aufgrund der Satellitenbewegung weisen Mehrwegeeffekte bei statischen Messungen einen stark periodischen Charakter auf. Aus dieser Tatsache ergibt sich eine Möglichkeit zur Verringerung des Mehrwegeeffekts. Bei der Durchführung einer statischen Messung mitteln sich die Abweichungen aufgrund der Mehrwegeausbreitung über die Beobachtungsdauer zu einem großen Teil heraus. Je nach Entfernung zum Reflektor reichen häufig schon kurze Beobachtungszeiten von wenigen Minuten dafür aus.

Neben der Länge der Beobachtungsdauer können die Mehrwegeeffekte auch durch die Art der Antenne reduziert werden. Vor allem auf Referenzstationen kommen sogenannte Choke-Ring Antennen wie die JAVAD RingAnt-G3T oder die Leica AR25 zum Einsatz. Diese Antennen besitzen neben einer größeren Grundplatte aus Metall mehrere konzentrisch angeordnete Metallringe.

Auch während der im vorliegenden Beispiel aufgezeigten Passpunkt-Bestimmungen werden aufgrund hoher Genauigkeitsanforderung individuell kalibrierte JAVAD RingAnt-G3T Antennen verwendet.

Keine Methode eliminiert Mehrwegeeinflüsse bei GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen

Eine vollständige Eliminierung von Mehrwegeinflüssen ist mit keiner Methode zu erreichen. Auch die zunehmende Verbesserung der Signalverarbeitung bringt für die Trägerphasenmessung nur geringe Vorteile.
Auch bei der Verwendung von Messverfahren mit kurzen Beobachtungszeiten der sog. Realtime Kinematik (RTK), stellt die Mehrwegeausbreitung eine wichtige Fehlerquelle dar.

Prinzipskizze Signalbeugung. ALLSAT Artikel: GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen
Abb. 4: Prinzipskizze Signalbeugung

Im Gegensatz zur Mehrwegeausbreitung findet bei der Signalbeugung keine Überlagerung von direktem und indirektem Signal statt. Aufgrund der Beugung des Signals an einem abschattenden Objekt kommt es zum Empfang eines indirekten Signals, wogegen das direkte Signal die Antenne überhaupt nicht erreicht. Das indirekte Signal weist dabei ebenfalls immer eine längere Laufzeit auf als das potentiell direkte Signal, was verstärkt zu Messabweichungen führt. Aufgrund der Beugung besitzen die Signale eine verringerte Signalamplitude. Wird diese Eigenschaft bei der Signalauswertung berücksichtigt, können Signalbeugungseinflüsse anhand von außergewöhnlich niedrigen Signalstärken für bestimmte Elevationen identifiziert werden.

Abb. 5: Passpunkt-Bestimmung am Fuß eines Freileitungsmastes
ALLSAT Artikel: GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen
Abb. 5: Passpunkt-Bestimmung am Fuß eines Freileitungsmastes
Abb. 6: Passpunkt-Bestimmung unterhalb einer Hochspannungsleitung und in der Nähe eines Umspannwerkes

ALLSAT Artikel: GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen
Abb. 6: Passpunkt-Bestimmung unterhalb einer Hochspannungsleitung und in der Nähe eines Umspannwerkes

In der Vergangenheit wurde bereits häufiger von Problemen während der GNSS-Messung in der Nähe von Hochspannungsleitungen berichtet. Gelegentlich kommt es dort auch zu Problemen mit der Korrekturdatenübertragung über Mobilfunk bei einer RTK-Messung. Abgesehen von Kommunikationsproblemen kommen für eine Auswertung im Post-Processing zunächst zwei vermeintliche Fehlerursachen in Frage. Zum einen könnten die am Kabel entstehenden niederfrequenten elektromagnetischen Felder die Signale oder den Empfänger stören. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass die Stromleitungen die Satellitensignale ablenken und es so zu Abschattung oder Signalbeugung kommt.

Verschiedene Untersuchung haben jedoch gezeigt, dass statische GNSS-Messungen nicht signifikant von Hochspannungsleitungen beeinflusst werden. Kinematisch ausgewertete Messungen zeigen leichte Beeinflussungen, welche aber nicht auf die erzeugten Felder zurückzuführen sind, sondern auf die abschattende Wirkung der Kabel selbst.

Abschließend zu GNSS-Messungen bei schwierigen Bedingungen

Auf GNSS-Messungen wirken eine Vielzahl an Einflüssen, welche die Positionsgenauigkeit verringern können. Einige lassen sich durch die relative Positionsbestimmung stark verringern, andere sind standortabhängig. Mit der Nutzung moderner GNSS-Hardware und mit sorgfältigem Arbeiten bei der Messung, können auch unter schwierigen Messbedingungen präzise GNSS-Messungen durchgeführt werden.

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